Schweinegrippe – Impfen oder nicht?

h1n1

Impfen oder nicht impfen? Das ist zur Zeit wirklich die Frage. So richtig sicher war und bin ich mir bisher auch nicht. Zum einen hat man das Gefühl, dass es sich hier um eine Art Panikmache handelt, damit die böse Pharmaindustrie ihre in kürzester Zeit aus dem Boden gestampften Impfstoffe verkaufen kann. Zum anderen die Angst, dass es sich hier um nicht ausreichend auf Nebenwirkungen getestete Medikamente handelt, da diese eben so unter Hochdruck entwickelt wurden.

Es ist ja wohl so, dass die „normale“ Grippe (Influenza) im Mittel 20.000 Menschen in Deutschland das Leben kostet (Ich konnte hier keine genaue Zahl ermitteln). Und es wenig Menschen gibt, zumindest in meinem Umfeld, die sich dagegen impfen lassen. Da ist die Zahl von aktuell 9 Schweinegrippentoten theoretisch doch eher zu vernachlässigen. Aber der „normale“ Influenza-Virus ist nicht so aggressiv und ansteckend wie der A-H1N1 Influenza-Virus. Eine Entscheidungshilfe hat mir ein sehr interessanter Aufsatz von Prof. Dr. Tom Schaberg, Chefarzt des Zentrums für Pneumologie, Lungenklinik des Diakonie Krankenhauses in Rotenburg/Wümme gegeben, den ich mit freundlicher Genehmigung hier veröffentlichen darf und der äußerst lesenswert ist:

Die neue Influenza A (H1N1) N

Seit dem Frühjahr 2009 ist ein neues Grippevirus bekannt. In der Presse wird vielfältig der Begriff der „Schweinegrippe“ verwendet. Nach der „Vogelgrippe“  könnte man meinen es nun mit dem zweiten Fall einer Tier-Grippe zu tun zu haben. Dies ist aber in keiner Weise richtig. Während die Vogelgrippe bisher eine Erkrankung von Vögeln ist, bei der man sich als Mensch kaum und nur im intensiven Umgang mit erkrankten Vögeln anstecken kann, handelt es sich bei dem Schweinegrippe-Virus um ein ganz normales menschliches Grippevirus. Schweine erkranken an diesem Virus übrigens nicht.

Bisher sind bei der WHO ca. 400.000 Laborbestätigte Influenza-Infektionen mit dem neuen Grippevirus gemeldet worden, von denen ca. 4.400 verstorben sind. Beide Zahlen sind jedoch mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nur die Spitze des Eisberges, da nur eine Minderheit der Patienten auf das Virus hin untersucht worden sind.

Im Gegensatz zu den jährlich wiederkehrenden Grippeviren (sog. saisonale Influenza-Viren) hat das neue Grippevirus folgende besonderen Eigenschaften:

  1. Es handelt sich um einen neuen Virusstamm, der in seiner Zusammensetzung dem Abwehrsystem der meisten Menschen weltweit völlig unbekannt ist.
  2. Es handelt sich um ein Grippevirus, das auch im Sommer Erkrankungen verursacht, dies ist ungewöhnlich, da die saisonalen Grippeviren lediglich im Winterhalbjahr Erkrankungen verursachen.
  3. Es handelt sich um eine Virusepidemie, die sehr rasch zu einer weltweiten Verbreitung geführt hat. Weltweit sind wahrscheinlich bisher mehrere Millionen Menschen mit dem Virus infiziert worden.
  4. Es handelt sich um eine Erkrankung, die besonders schwere Krankheitsverläufe bei kleinen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen verursacht (bisher sind die meisten verstorbenen Patienten sowie die meisten Patienten, die auf einer Intensivstation behandelt worden sind, jünger als 40 Jahre gewesen). Dies ist ein völliger Gegensatz zur normalen saisonalen Influenza, die vor allem für betagte Menschen ein Problem darstellt.
  5. Es handelt sich um einen hoch ansteckenden Grippevirus-Stamm, bei dem z.Zt. davon ausgegangen werden muss, dass er ca. doppelt so ansteckend ist wie die saisonale Grippe.
  6. Das neue Influenza-Virus kann im Gegensatz zu den normalen Grippeviren tief in den peripheren Atemwegen bis in die Lungenbläschen hinein Bindungsstellen finden und hier seine zerstörerische Wirkung entfalten.
  7. Ältere Menschen waren bisher kaum betroffen. Offenbar kennt das Abwehrsystem von Menschen, die vor 1950 geboren worden sind, aus der Vergangenheit einen ähnlichen Grippevirusstamm, so dass eine gewisse Rest- oder Kreuzimmunität besteht.
  8. Schwere Verläufe und Todesfälle kommen gehäuft bei Patienten mit schweren Grunderkrankungen vor, betrafen aber zu 40% auch ansonsten gesunde Personen.

Die oben geschilderten Punkte charakterisieren Grippeviren, die ein besonderes Gefahrenpotential haben. Genau diese Eigenschaften haben auch alle Grippeviren charakterisiert, die bisher zu weltweit schweren Epidemien mit einer großen Zahl von Todesfällen geführt haben. Insofern besteht weltweit bei nahezu allen Expertinnen und Experten große Sorge, dass auch das neue Influenza-Virus das Potential in sich trägt, eine schwere Epidemie hervorzurufen, die mit erheblicher Sterblichkeit einhergehen könnte.

Wir wissen von der saisonalen Grippe sehr gut, dass es möglich ist, mit Impfungen das Immunsystem vor einer Infektion mit dem Grippevirus so zu trainieren, dass der Krankheitsverlauf entweder ganz ausbleibt oder deutlich milder verläuft. Aus dieser Überlegung heraus haben die Staaten weltweit bereits vor einigen Jahren auf die pharmazeutische Industrie eingewirkt, damit neue und noch besser wirksame Grippeschutzimpfungen entwickelt werden. Die weltweit vorhandenen Produktionskapazitäten für Grippeimpfstoffe sind allerdings sehr stark begrenzt, daher existieren unter vorsorgendem Aspekt schon seit längerem weltweit mit den wenigen Impfstoffherstellern geschlossene Verträge über die Produktion und Abnahme eines Grippeimpfstoffes im Fall einer gefährlichen Situation.

Die für Deutschland bestellte Schutzimpfung gegen die neue Influenza unterscheidet sich hinsichtlich der Virusbestandteile von den saisonalen Impfstoffen nur durch eine geringere Menge. Dadurch, dass eine geringere Menge eingesetzt wird, stehen sehr viel mehr Schutzimpfungsdosen zur Verfügung, es können also sehr viel mehr Menschen geimpft werden. Um jedoch mit weniger Virusbestandteilen einen guten Impfeffekt zu erzielen, ist es nötig, diesen durch die Zugabe von Hilfsstoffen, sog. Adjuvantien, zu verstärken. Hiermit wird eine nahezu 100%-ige Schutzwirkung erreicht.

Ein weiterer wesentlicher Vorteil der adjuvantierten Grippeschutzimpfung ist, dass ein breiter Schutz auch gegenüber möglichen Variationen der neuen Influenzaviren bei Änderung der Viruseigenschaften erreicht werden kann. Eine solche Ausweitung der Abwehrbereitschaft ist mit nicht Adjuvantien-enthaltenden Impfstoffen nicht möglich. Hier wirken die Impfstoffe immer nur dann, wenn das zirkulierende Wildvirus exakt mit dem Impfvirus übereinstimmt. Daher ist der adjuvantierte Impfstoff auch in seiner Schutzwirkung dem vom Bund bestellten Ganzvirus-Impfstoff (Celvapan, Firma Baxter) überlegen.

Bei dem Adjuvanz AS03 handelt es sich um natürlich vorkommende Substanzen, die eine gute, zunächst unspezifische Anregung des Abwehrsystems und damit eine gute Reaktion auf das gleichzeitig gegebene Grippevirus-Antigen erzeugen. Nur durch solche Verstärkerstoffe ist es möglich bei 18-60-jährigen ohne Grundimmunität, die bei der saisonalen Grippe immer vorhanden ist, durch eine einmalige Impfung eine sichere Schutzwirkung zu entfalten.

Die Entwicklung adjuvantierter Impfstoffe ist keineswegs eine Entwicklung, die mit dem neuen Influenza-Virus begonnen hat. Bereits seit einer Reihe von Jahren forschen große pharmazeutische Unternehmen über solche Adjuvantien. Ein mit dem Adjuvanz MF59 verstärkter Impfstoff für die saisonale Grippe ist seit dem Jahre 2000 auf dem Markt, ohne das über ernsthafte Impfkomplikationen berichtet worden ist.

Das in dem jetzt verfügbaren Grippeimpfstoff vorhandene Adjuvanz AS03 ist mittlerweile bei mehr als 40.000 Probanden im Rahmen von klinischen Studien zur Impfung gegen die Vogelgrippe, die neue Influenza und die saisonale Influenza eingesetzt worden. Erwartungsgemäß induziert ein Impfstoff mit Adjuvantien zwar eine kräftigere Lokalreaktion (Druckgefühl, Schmerzen, Juckreiz) als der saisonale Grippeimpfstoff ohne Adjuvantien, es handelt sich hierbei jedoch um keine als schwerwiegend zu bezeichnenden Nebenwirkungen. Eine kräftige Stimulation unseres Abwehrsystems kann darüber hinaus zu einem leichten Fieberanstieg führen, dieser ist in der Regel gering und kurzfristig sowie selbst limitierend.

Bei allen klinischen Beobachtungen sind bisher keine schwerwiegenden oder bedrohlichen Nebenwirkungen der adjuvantierten Grippeimpfstoffe gesehen worden. Nichts desto trotz ist es selbstverständlich, dass, wenn ein neues Medikament bei einer sehr großen Zahl von Menschen eingesetzt wird (z.B. 40 Mio. Bundesbürger), erst während des Einsatzes sehr seltene potentielle Nebenwirkungen, die z.B. eine Frequenz von 1:100.000 oder 1:1.000.000 haben, entdeckt werden können. Diese Situation ist jedoch bei jeder Medikamenten- und Impfstoffentwicklung stets die gleiche. Seltene Nebenwirkungen werden auch in umfangreichen klinischen Voruntersuchungen nicht zu entdecken sein, da sie statistisch eben sehr selten sind.

Die Behörden der Bundesrepublik Deutschland, allen voran die ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut, empfiehlt die Grippeschutzimpfung gegen die neue Influenza mit erster Priorität für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen. Dies hat eine mehrfache Begründung:

  1. Die Mitarbeiter im Gesundheitswesen haben ein erhöhtes Ansteckungsrisiko, da sie ja mit erkrankten Patienten umgehen.
  2. Es besteht bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitswesen die Gefahr, dass sie, wenn sie unwissentlich erkrankt sind, das neue Influenza-Virus an chronisch-kranke Patienten weitergeben.
  3. Es bedarf eines Schutzes des Personals, damit die Krankenhäuser im Fall einer massenhaften Erkrankung funktionsfähig bleiben.

Betont werden muss aber an dieser Stelle noch einmal, dass es sich bei jeder Schutzimpfung um das Abwägen einer Risikosituation gegen die mögliche Schutzwirkung und die hierbei möglichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen handelt. Diese Abwägung kann und muss jeder für sich selbst treffen.

Ich selbst möchte jedoch nicht verhehlen, dass ich in dem neuen Influenza-Virus ein erhebliches Gefahrenpotential sehe. Insofern halte ich die Impfung gegen das neue Grippevirus für gerechtfertigt und notwendig. Hierbei spielt es keine Rolle, ob man gegen die saisonale Grippe schon geimpft ist, oder noch geimpft werden möchte.

Rotenburg, den 20.10.2009

Prof. Dr. Tom Schaberg

Ob man sich jetzt impfen lässt oder nicht bleibt natürlich jeden einzelnen selbst überlassen. Wer jedoch mit vielen Menschen in Kontakt kommt und viel in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, der sollte sich wohl impfen lassen. Ich werde es wohl, allein schon nach der Lektüre des Aufsatzes von Prof. Schaberg, tun.

Die neue Influenza A (H1N1) N

Seit dem Frühjahr 2009 ist ein neues Grippevirus bekannt. In der Presse wird vielfältig der Begriff der „Schweinegrippe“ verwendet. Nach der „Vogelgrippe“ könnte man meinen es nun mit dem zweiten Fall einer Tier-Grippe zu tun zu haben. Dies ist aber in keiner Weise richtig. Während die Vogelgrippe bisher eine Erkrankung von Vögeln ist, bei der man sich als Mensch kaum und nur im intensiven Umgang mit erkrankten Vögeln anstecken kann, handelt es sich bei dem Schweinegrippe-Virus um ein ganz normales menschliches Grippevirus. Schweine erkranken an diesem Virus übrigens nicht.

Bisher sind bei der WHO ca. 400.000 Laborbestätigte Influenza-Infektionen mit dem neuen Grippevirus gemeldet worden, von denen ca. 4.400 verstorben sind. Beide Zahlen sind jedoch mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nur die Spitze des Eisberges, da nur eine Minderheit der Patienten auf das Virus hin untersucht worden sind.

Im Gegensatz zu den jährlich wiederkehrenden Grippeviren (sog. saisonale Influenza-Viren) hat das neue Grippevirus folgende besonderen Eigenschaften:

  1. Es handelt sich um einen neuen Virusstamm, der in seiner Zusammensetzung dem Abwehrsystem der meisten Menschen weltweit völlig unbekannt ist.
  2. Es handelt sich um ein Grippevirus, das auch im Sommer Erkrankungen verursacht, dies ist ungewöhnlich, da die saisonalen Grippeviren lediglich im Winterhalbjahr Erkrankungen verursachen.
  3. Es handelt sich um eine Virusepidemie, die sehr rasch zu einer weltweiten Verbreitung geführt hat. Weltweit sind wahrscheinlich bisher mehrere Millionen Menschen mit dem Virus infiziert worden.
  4. Es handelt sich um eine Erkrankung, die besonders schwere Krankheitsverläufe bei kleinen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen verursacht (bisher sind die meisten verstorbenen Patienten sowie die meisten Patienten, die auf einer Intensivstation behandelt worden sind, jünger als 40 Jahre gewesen). Dies ist ein völliger Gegensatz zur normalen saisonalen Influenza, die vor allem für betagte Menschen ein Problem darstellt.
  5. Es handelt sich um einen hoch ansteckenden Grippevirus-Stamm, bei dem z.Zt. davon ausgegangen werden muss, dass er ca. doppelt so ansteckend ist wie die saisonale Grippe.
  6. Das neue Influenza-Virus kann im Gegensatz zu den normalen Grippeviren tief in den peripheren Atemwegen bis in die Lungenbläschen hinein Bindungsstellen finden und hier seine zerstörerische Wirkung entfalten.
  7. Ältere Menschen waren bisher kaum betroffen. Offenbar kennt das Abwehrsystem von Menschen, die vor 1950 geboren worden sind, aus der Vergangenheit einen ähnlichen Grippevirusstamm, so dass eine gewisse Rest- oder Kreuzimmunität besteht.
  8. Schwere Verläufe und Todesfälle kommen gehäuft bei Patienten mit schweren Grunderkrankungen vor, betrafen aber zu 40% auch ansonsten gesunde Personen.

Die oben geschilderten Punkte charakterisieren Grippeviren, die ein besonderes Gefahrenpotential haben. Genau diese Eigenschaften haben auch alle Grippeviren charakterisiert, die bisher zu weltweit schweren Epidemien mit einer großen Zahl von Todesfällen geführt haben. Insofern besteht weltweit bei nahezu allen Expertinnen und Experten große Sorge, dass auch das neue Influenza-Virus das Potential in sich trägt, eine schwere Epidemie hervorzurufen, die mit erheblicher Sterblichkeit einhergehen könnte.

Wir wissen von der saisonalen Grippe sehr gut, dass es möglich ist, mit Impfungen das Immunsystem vor einer Infektion mit dem Grippevirus so zu trainieren, dass der Krankheitsverlauf entweder ganz ausbleibt oder deutlich milder verläuft. Aus dieser Überlegung heraus haben die Staaten weltweit bereits vor einigen Jahren auf die pharmazeutische Industrie eingewirkt, damit neue und noch besser wirksame Grippeschutzimpfungen entwickelt werden. Die weltweit vorhandenen Produktionskapazitäten für Grippeimpfstoffe sind allerdings sehr stark begrenzt, daher existieren unter vorsorgendem Aspekt schon seit längerem weltweit mit den wenigen Impfstoffherstellern geschlossene Verträge über die Produktion und Abnahme eines Grippeimpfstoffes im Fall einer gefährlichen Situation.

Die für Deutschland bestellte Schutzimpfung gegen die neue Influenza unterscheidet sich hinsichtlich der Virusbestandteile von den saisonalen Impfstoffen nur durch eine geringere Menge. Dadurch, dass eine geringere Menge eingesetzt wird, stehen sehr viel mehr Schutzimpfungsdosen zur Verfügung, es können also sehr viel mehr Menschen geimpft werden. Um jedoch mit weniger Virusbestandteilen einen guten Impfeffekt zu erzielen, ist es nötig, diesen durch die Zugabe von Hilfsstoffen, sog. Adjuvantien, zu verstärken. Hiermit wird eine nahezu 100%-ige Schutzwirkung erreicht.

Ein weiterer wesentlicher Vorteil der adjuvantierten Grippeschutzimpfung ist, dass ein breiter Schutz auch gegenüber möglichen Variationen der neuen Influenzaviren bei Änderung der Viruseigenschaften erreicht werden kann. Eine solche Ausweitung der Abwehrbereitschaft ist mit nicht Adjuvantien-enthaltenden Impfstoffen nicht möglich. Hier wirken die Impfstoffe immer nur dann, wenn das zirkulierende Wildvirus exakt mit dem Impfvirus übereinstimmt. Daher ist der adjuvantierte Impfstoff auch in seiner Schutzwirkung dem vom Bund bestellten Ganzvirus-Impfstoff (Celvapan, Firma Baxter) überlegen.

Bei dem Adjuvanz AS03 handelt es sich um natürlich vorkommende Substanzen, die eine gute, zunächst unspezifische Anregung des Abwehrsystems und damit eine gute Reaktion auf das gleichzeitig gegebene Grippevirus-Antigen erzeugen. Nur durch solche Verstärkerstoffe ist es möglich bei 18-60-jährigen ohne Grundimmunität, die bei der saisonalen Grippe immer vorhanden ist, durch eine einmalige Impfung eine sichere Schutzwirkung zu entfalten.

Die Entwicklung adjuvantierter Impfstoffe ist keineswegs eine Entwicklung, die mit dem neuen Influenza-Virus begonnen hat. Bereits seit einer Reihe von Jahren forschen große pharmazeutische Unternehmen über solche Adjuvantien. Ein mit dem Adjuvanz MF59 verstärkter Impfstoff für die saisonale Grippe ist seit dem Jahre 2000 auf dem Markt, ohne das über ernsthafte Impfkomplikationen berichtet worden ist.

Das in dem jetzt verfügbaren Grippeimpfstoff vorhandene Adjuvanz AS03 ist mittlerweile bei mehr als 40.000 Probanden im Rahmen von klinischen Studien zur Impfung gegen die Vogelgrippe, die neue Influenza und die saisonale Influenza eingesetzt worden. Erwartungsgemäß induziert ein Impfstoff mit Adjuvantien zwar eine kräftigere Lokalreaktion (Druckgefühl, Schmerzen, Juckreiz) als der saisonale Grippeimpfstoff ohne Adjuvantien, es handelt sich hierbei jedoch um keine als schwerwiegend zu bezeichnenden Nebenwirkungen. Eine kräftige Stimulation unseres Abwehrsystems kann darüber hinaus zu einem leichten Fieberanstieg führen, dieser ist in der Regel gering und kurzfristig sowie selbst limitierend.

Bei allen klinischen Beobachtungen sind bisher keine schwerwiegenden oder bedrohlichen Nebenwirkungen der adjuvantierten Grippeimpfstoffe gesehen worden. Nichts desto trotz ist es selbstverständlich, dass, wenn ein neues Medikament bei einer sehr großen Zahl von Menschen eingesetzt wird (z.B. 40 Mio. Bundesbürger), erst während des Einsatzes sehr seltene potentielle Nebenwirkungen, die z.B. eine Frequenz von 1:100.000 oder 1:1.000.000 haben, entdeckt werden können. Diese Situation ist jedoch bei jeder Medikamenten- und Impfstoffentwicklung stets die gleiche. Seltene Nebenwirkungen werden auch in umfangreichen klinischen Voruntersuchungen nicht zu entdecken sein, da sie statistisch eben sehr selten sind.

Die Behörden der Bundesrepublik Deutschland, allen voran die ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut, empfiehlt die Grippeschutzimpfung gegen die neue Influenza mit erster Priorität für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen. Dies hat eine mehrfache Begründung:

  1. Die Mitarbeiter im Gesundheitswesen haben ein erhöhtes Ansteckungsrisiko, da sie ja mit erkrankten Patienten umgehen.
  2. Es besteht bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitswesen die Gefahr, dass sie, wenn sie unwissentlich erkrankt sind, das neue Influenza-Virus an chronisch-kranke Patienten weitergeben.
  3. Es bedarf eines Schutzes des Personals, damit die Krankenhäuser im Fall einer massenhaften Erkrankung funktionsfähig bleiben.

Betont werden muss aber an dieser Stelle noch einmal, dass es sich bei jeder Schutzimpfung um das Abwägen einer Risikosituation gegen die mögliche Schutzwirkung und die hierbei möglichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen handelt. Diese Abwägung kann und muss jeder für sich selbst treffen.

Ich selbst möchte jedoch nicht verhehlen, dass ich in dem neuen Influenza-Virus ein erhebliches Gefahrenpotential sehe. Insofern halte ich die Impfung gegen das neue Grippevirus für gerechtfertigt und notwendig. Hierbei spielt es keine Rolle, ob man gegen die saisonale Grippe schon geimpft ist, oder noch geimpft werden möchte.

Rotenburg, den 20.10.2009

Prof. Dr. Tom Schaberg